Ruth
Georg Schumanns Opus Magnum

 

Programmblatt der UraufführungDas Oratorium "Ruth" gehört zu den bekanntesten Werken Georg Schumanns und zeugt von seiner überragenden Gestaltungskraft.
Er schrieb es 1908 auf dem Höhepunkt seines kompositorischen Schaffens.

Die Uraufführung der Ruth fand 1908 in Hamburg statt und wurde mit größtem Beifall bedacht. Die Zeitungen lobten den Komponisten und das Werk in vielerlei Hinsicht:

Hamburger Nachrichten: "In seinen rein musikalischen Werten ruht seine Bedeutung: mit seiner milden, klaren Schönheit, mit seiner Gefühlswärme und seiner vornehmen Art verknüpft sich sein Reiz, seine Wirkung. Die Aufführung der mit großem Beifall aufgenommenen Novität war sehr anerkennenswert."

Die Post: "Die Chöre sind Gebilde von wahrhaft berauschender Klangschönheit. Hier fühlt der Hörer, dass Georg Schumann die Kunst des Chorsatzes, der Steigerung aller Klangmittel vollkommen beherrscht. Der volle Saal jubelte mit stürmischem Beifall zum Schluss dem Komponisten zu."

Die Berliner Premiere erfolgte im März 1909 unter Leitung des Komponisten und Mitwirkung des Berliner Philharmonischen Orchesters und der Sing-Akademie zu Berlin. Das Werk wurde so gut aufgenommen, dass "Ruth" dort bis 1936 regelmäßig zur Aufführung kam.

Im März 1910 erfolgte die USA-Premiere von "Ruth" sogar durch zwei Konzertgesellschaften: das Oberlin Conservatory of Music und den Apollo Music Club of Chicago.

Andere international beachtete Aufführungen von "Ruth" fanden 1911 beim Sheffield Music Festival in England statt. Die New Yorker Erstaufführung in der Carnegie Hall wurde 1913 durch die Oratory Society unter der Leitung von Louis Koemmenich dargeboten.

 

Ruth im Feld des Boaz, Gemälde von Julius Schnorr von Carolsfeld, 1828 (Wikipedia) Schicksal des Werkes in den dreißiger Jahren

Schumanns Ruth wurde bis in die dreißiger Jahre immer wieder aufgeführt. Das Werk konnte jedoch aufgrund seiner alttestamentarischen Thematik dem Antisemitismus der Nationalsozialisten nicht entgehen und eine geplante Aufführung 1942 wurde kurzfristig verboten. Verbittert schrieb Schumann an den zuständigen Abteilungsleiter der Musik im Propagandaministerium, in dem es zuletzt sarkastisch heißt:

"Befremden tut mich auch die Tatsache, daß man dann noch Werke wie das Brahmsche Requiem, alttestamentliche Werke von Bruckner, Psalmen von Liszt, den 100. Psalm von Reger, Ernste Gesänge von Brahms, um nur einiges zu nennen, zuläßt. Ebenso hätte ich gehofft, daß die Aufführung der Salome im Opernhaus, deren Text noch dazu von einem Engländer ist, sich auf meine Ruth günstig auswirken würde, die doch gegenüber der Salome ein keusches Weib ist."

Schumann, der vielen einflussreichen Institutionen vorstand, allerdings kein Mitglied der Partei war, wollte sein Haupt- und Lieblingswerk für eine Aufführung retten und war deswegen bereit, den Text zu ändern. Das Werk erhielt jetzt den Titel "Lied der Treue". Gemeinsam mit Georg Schünemann, dem damaligen Leiter der Musikabteilung der Preußischen Staatsbibliothek, überarbeitete er den Text. Für den 12. Februar 1943 wurde "Ruth" als weltliches Oratorium mit neuem Text angekündigt. Der Verlag stellte einen neuen Klavierauszug her, die Handlung wurde nach China verlegt. In dieser Form ist das Werk 1944 noch einmal erklungen.

1946, zu Schumanns 80. Geburtstag, wurde es im Haus der Rundfunks wieder in der Originalfassung und unter Schumanns Leitung aufgeführt.


Programmblatt der Uraufführung Wiederentdeckung 2003

Im Jahr 2003 wurde das Stück nach fast einem halben Jahrhundert vom Philharmonischen Chor unter der Leitung von Jörg-Peter Weigle erstmals wieder in Berlin präsentiert. Die Aufführung fand in Zusammenarbeit mit der Georg Schumann Gesellschaft statt und aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der GEMA, dessen Ehrenmitglied Schumann ist.

Die Resonanz auf das Konzert bestätigte den hohen Wert des Stückes:

Im Tagesspiegel schrieb Frederik Hansen vom "lichtdurchfluteten, prachtvoll-samtigen Orchestersound" und "Schumann schuf ein wahres Juwel spätromantischer Klangsinnlichkeit, erfüllt von heiterer Gottgewissheit...".

Ruth wurde 2016 anlässlich der Wiederkehr des 150. Geburtstages Schumanns in Hameln unter der Leitung von Stefan Vanselow mit großem Erfolg aufgeführt.

Jörg Peter Weigle führte Ruth mit seinem Philharmonischen Chor Berlin und dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder) im Jahr 2020 in Frankfurt (Oder) auf.

 

 

 

 

 

 

 

 Ruth-Aufführung in Berlin, 1946